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Der Waldmacher - Dokumentarfilm über Tony Rinaudo

27.04.2022, Henry Sonnet

Ein Film nach dem Buch "Tony Rinaudo – Der Waldmacher" (2018) über das Wirken von Tony Rinaudo in Afrika. Tony Rinaudo ist ein australischer Agrarwissenschaftler, der 2018 mit dem "Alternativen Nobelpreis" (Right Livelihood Award) ausgezeichnet wurde. Er hatte in den 1970er Jahren im Niger damit begonnen, wüstenähnliche Landschaften in der Sahelzone in Wälder und fruchtbares Ackerland zu verwandeln. Er tat dies, um Kindern eine Lebensperspektive zu eröffnen, um Hungersnöte zu bekämpfen und um einen Beitrag gegen Umweltzerstörung zu leisten.

Wälder sind für das Wohlergehen der Menschen in Afrika und weltweit unerlässlich. Sie liefern nicht nur Lebensmittel, Medizin, Viehfutter, Brennstoffe und Baumaterial, sie schützen auch vor den extremen Auswirkungen des Klimawandels. Darüber hinaus spenden sie Schatten, schützen vor Wind und Sturm, regulieren den Wasserhaushalt und bieten als Ökosystem Wildtieren einen Lebensraum und erhöhen dadurch die Biodiversität. Kein Kontinent hat in der jüngeren Vergangenheit mehr Wald verloren als Afrika. Ursachen dafür sind unter anderem Armut und landwirtschaftliche Anbaumethoden, bei denen das Fällen von Bäumen, intensive mechanische Bodenbearbeitung, der Einsatz von Chemikalien und Monokulturen im Vordergrund stehen.

Angefangen hatte Tony Rinaudo damit, Tausende Bäume anzupflanzen. Allerdings musste er schon bald feststellen, dass ein Großteil der jungen Bäume in der sengenden Hitze vertrockneten oder für Brennholz und als Baumaterial verwendet wurden. Eine Verschwendung hoher Geldsummen und von viel Zeit. Kurz davor aufzugeben, beobachtete er zufällig, dass an einigen Orten kleine Sträucher wuchsen. Eine Untersuchung ergab, dass es sich nicht um Sträucher sondern um zuvor gefällte Bäume handelte und dass an vielen Stellen im Wüstensand gesunde Baumwurzeln vorhanden sind, die ständig versuchen, neu auszutreiben. Allerdings werden sie durch Abbrennen, Überweidung, Schnitt der holzigen Biomasse oder Pflügen der Ackerflächen daran gehindert. Tony Rinaudos Ansatz bestand nun darin, den Menschen vor Ort einen Umgang mit dem "unterirdischen Wald" zu vermitteln, der ein Wiederergrünen der Landschaft erlaubt. Seine Methode, die ohne Baumpflanzungen auskommt, nannte er "Farmer Managed Natural Regeneration" (FMNR). Die Methode ist nicht neu. In der Vergangenheit wurde sie in vielen Kulturen bereits intuitiv praktiziert. Dabei werden junge Pflanzen geschützt und gezielt so beschnitten, dass ausgewählte Triebe erhalten bleiben und sich zu kräftigen Bäumen entwickeln können. Um möglichst nah an den Urzustand zu kommen, sollte man sich bei der Auswahl der Pflanzen daran orientieren, was in der Vergangenheit in der Umgebung wuchs. Ein Ergebnis ist ein verbessertes Mikroklima. Durch die Beschattung sinkt die Luft- und Bodentemperatur, was für das Wachstum von Feldfrüchten sehr wichtig ist. Mit jedem Grad oberhalb von 35 Grad Celsius nimmt der Ernteertrag um 10 Prozent ab. Das bedeutet, dass bereits 5 Grad einen Unterschied von 50 Prozent einer Ernte ausmachen. Die Wurzeln der Bäume schützen vor Erosion und halten die Feuchtigkeit in der Erde, natürliche Quellen beginnen wieder zu sprudeln und die zu Boden fallende Biomasse sorgt für das Entstehen neuer Humusschichten. Überschüssige Äste können als Brenn- und Baumaterial genutzt werden. Auch in der Landwirtschaft sind die Auswirkungen von FMNR nachweisbar. Nach etwa drei Jahren sind ehemals verarmte und ausgelaugte Böden durch das agroforstwirtschaftliche System wieder nutzbar. Die Bauern, die diese Methode anwenden, sind sogar in der Lage, in Dürrephasen Überschüsse zu erzielen. Die FMNR-Methode gilt als effektiv und deutlich kostengünstiger als konventionelle Neupflanzungen. Die Herausforderung besteht allerdings nicht darin, technische Lösungen zu finden, sondern soziale und rechtliche Probleme zu lösen. Es braucht Lösungen für Fragen danach, wie z.B. einige der ärmsten Menschen in Hungerregionen davon überzeugt werden können, dass sie keine Bäume fällen sollten, wenn sie dringend Brennholz zum Kochen benötigen oder wie ihnen vermittelt werden kann, dass sie künftig keine Nahrung mehr haben werden, wenn der letzte Baum gefällt ist. Tony Rinaudo reist inzwischen durch die ganze Welt und versucht, in Workshops und auf Konferenzen Bauern von der FMNR-Methode zu überzeugen und Argumente gegen Widerstände lokaler Akteure, die kein Interesse an einer preiswerten und schnellen Wiederaufforstung haben, vorzubringen.

Tony Rinaudo sagt: "Bäume sind eine Grundlage der Zivilisation. Unser heutiges Verhalten ihnen gegenüber kann über das Wohl oder Wehe von morgen entscheiden. Ihre Anwesenheit oder Abwesenheit kann für die Nachwelt über Gesundheit oder Krankheit, Nahrung oder Hunger, sauberes oder verdrecktes Wasser, gute oder schlechte Ernten, fruchtbaren Regen oder Überschwemmungen, hilfreiche Vögel oder schädliche Insekten, Wohlstand oder Armut, reine Luft oder verdorbene Luft, fruchtbares oder wüstes Land entscheiden. Wir haben die Wahl. Andernfalls tauchen die uralten Gespenster heimlich auf, eines nach dem anderen – Überschwemmung, Dürre, Feuer, Hungersnot". Sein Motto: "Wenn du etwas tun kannst: Tu es!". Inspiriert wurde Tony Rinaudo durch den britischen Umweltaktivisten Richard St. Barbe Baker (1889-1982) und dessen Bücher "I Planted Trees" und "Sahara Conquest". Der Regisseur des Films Volker Schlöndorff sagte über Tony Rinaudo: "Das Schöne an Tony (...) ist, dass er ein bescheidener Held ist. Er ist niemand, der sich an die Brust klopft und stolz ist, obwohl er allen Anlass dazu hätte, sondern er wiegelt immer ab und hat einen wunderbaren Sinn für Humor".

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